Heute schreibe ich (Anja) mal den Blog, da ich für die verrückte Tour in den Grand-Canyon auch verantwortlich bin. Im Vorfeld habe ich Wanderkarten studiert und unzählige Stunden mit dem Lesen von Erfahrungsberichten im Internet zu dieser Tour verbracht. Hier der grobe Plan: Auf dem South Kaibab Trail 1000 Höhenmeter in den Canyon hinuntersteigen. Dann 2 Stunden auf dem Tonto-Platau weiterwandern (Höhendifferenz hierbei nur ca. 100 m) und zum Schluss vom Rastplatz Indian-Garden 900 Höhenmeter hinaufwandern auf dem beliebten Bright Angel Trail. Die Tour soll für fitte Leute etwa 7 Stunden reine Wanderzeit benötigen und 23 km lang sein.
Der Wecker ist auf 3:30 Uhr gestellt, aber Toby und ich sind schon vorher wach. Leider habe ich nicht so viel geschlafen auf Grund der Nervosität / Vorfreude und der Geräusche innerhalb unseres Zimmers.
Wir wecken die Kids und sind rasch startbereit. Nach mehreren Bemühungen entlockt Toby der Kaffeemaschine doch noch was Trinkbares. Wir laufen 700 Meter zum Visitorcenter und bewundern dabei den Sternenhimmel. Leon hatte kürzlich eine Prüfung darüber und kann nun einige Sternformationen wie den grossen Bären finden und benennen.
Dann fahren wir mit dem Bus zum Trailhead. Um 4.45 Uhr startet unsere Wanderung auf 2200 m.ü.M zusammen mit einer Kanadierin, die uns eine Stunde lang begleitet. Es ist angenehm kühl, so dass wir langarm-Shirts oder Pulli anhaben. Wir haben je 3 Liter Getränke in unseren Rucksäcken, die mindestens für die ersten 5 Wanderstunden reichen müssen. Toby trägt zudem Proviant, ein Erste-Hilfe Set und Trinkwasserreseven.
Bergab überholen wir einige andere Touristen, die auf den Sonnenaufgang warten. Die Ausblicke in den Grand-Canyon sind faszinierend!
Wir kommen gut voran, vor allem wenn Toby und Jan zusammen mit Leon wandern und ihn in Gespräche miteinbeziehen. Immer wieder müssen Sand oder Steine aus Leons Wanderschuhen rausgeklopft werden und zudem hat er einen Kaktus angefasst, um zu erfahren, wie stachlig die Dornen sind. Aua!
Vor allem die kleinen Stacheln haben es in sich und bleiben als Spiessen in seiner Hand stecken. Ich bin das Schlusslicht, doch das macht mir nichts aus, da ich so auch ungestört fotografieren kann. Via Ooh Aah Point und Cedar Ridge gelangen wir in 2 Stunden hungrig zum Tipoff auf 1200 m.ü.M. Dort essen wir Dorritos, Trockenfleisch, Nüsse und Dörrfrüchte und trinken etwas Elektrolythe, die nach Wassermelone schmeckt. Um 7:15 Uhr laufen wir weiter auf dem Tonto-Plateau, welches 400 Meter über dem Coloradoriver liegt. Die Landschaft ist sehr schön, doch der Weg zieht sich dahin. Leon und Toby erfinden unterwegs spannende Geschichten. Die 7.5 km durchwandern wir in etwas mehr als 2 Stunden. Wir treffen keine einzige andere Wanderertruppe auf diesem Zwischenstück. Handyempfang gibt’s nicht.







Kurz vor dem Rastplatz Indian Garden verlassen mich plötzlich all meine Kräfte. Ich kann kaum mehr laufen. Die letzten 300 Meter werden zur Tortur und Toby muss mich von hinten schieben, damit ich noch vorwärts komme. Ich lege mich auf die erstbeste Bank und verharre tonlos. Toby und die Kids machen sich natürlich grosse Sorgen. Die anderen Wanderer, welche vom Coloradoriver zu diesem Rastplatz aufsteigen, tippen auf Dehydrierung oder Überhitzung und bieten hilfsbereit Powerdrinks an. Ich liege auf der Bank und mein Herz schlägt unglaublich schnell. Mir ist bewusst geworden, dass ich nun nach 5 Stunden unterwegs noch 900 Höhenmeter hinaufwandern sollte. Die Bergwand ist unglaublich hoch und ich bin so müde. Wie soll ich das nur schaffen? Und Leon? Es scheint eine Panik-Attacke zu sein. Mir erscheint es unmöglich, das Ziel selbständig zu erreichen.
Immerhin kann ich nach einer Weile sagen, dass mir gar nicht so heiss ist und ich unterwegs Powerdrinks und genügend Wasser konsumiert habe. Essen mag ich nichts. Nur liegen und warten….. Trotzdem trinke ich nun in langsamen Schlücken, das angeboten Getränk eines Amerikaners. Inzwischen füllen Toby und Jan all unsere leeren Flaschen mit dem vorhandenen Trinkwasser an diesem Rastplatz. Auch unsere Köpfe und T-shirts bewässern wir mit dem kühlen Wasser. Dann versuche ich um 10 Uhr endlich weiterzulaufen. Es geht sehr, sehr langsam voran. Ohne Rucksack krieche ich um die Kurven. Mehrere Erholungspausen sind nötig. Wir schütten uns regelmäßig Wasser über die Köpfe und trinken genügend. Um 11 Uhr erreichen wir den nächsten Rastplatz mit Trinkwasserangebot, welcher auf 1400 m. ü. Meer liegt. Leon ist problemlos bergauf gewandert. Toby und Jan sowieso. Nun sind wir nicht mehr in der gefährlichen roten Zone des Canyons. Mir geht es von Minute zu Minute besser und ich mag auch wieder was Essen. Wir bleiben 40 Minuten dort und unterhalten uns mit den anderen Wanderern. Eine deutsche Familie ist mit Turnschuhen und Treckingsandalen vom Rim bis hier hin abgestiegen. Die Teenager haben sichtlich genug nur der Vater würde gerne noch weiter runter. Sie entscheiden sich doch dagegen, da wir sie von der Hitze der bevorstehenden Mittagsstunden warnen. Ein anderer Vater ist mit seiner 20-jährigen Tochter nachts um 3 Uhr am Nord-Rim gestartet und via Coloradoriver nun hier im Aufstieg. Diese Wanderung ist noch einiges anstrengender als unsere. Sie ist auch richtig erledigt. So vergehen 40 Minuten beim Plaudern.
Danach geht es weiter. Ich bin tatsächlich wieder einigermaßen ok und kann in normalem Tempo wandern. Jan und Toby tragen weiterhin meinen Rucksack mit dem nötigen Wasser. Nach einer weiteren Wanderstunde erreichen wir den letzten Rastplatz. Wir machen nur 20 Minuten Pause hier. Wir haben extra diese Aufstiegsroute gewählt, wegen dem vorhandenen Trinkwasser, was wirklich eine gute Entscheidung war.
Leon ist unglaublich fit für einen Neunjährigen und erklimmt die Höhenmeter ohne Jammern. Er freut sich auf das Gamen im Zimmer und will nächstes Jahr mit der Jubla unbedingt auf die grosse zweitägige Wanderung mit. Jan geht in der letzten Aufstiegsstunde voran mit zwei Rucksäcken und erreicht den Canyon-Rand 20 Minuten vor uns. Er hätte auch noch weiter wandern können! Und ohne meinen lieben Topsy, der mich geduldig motiviert hat, sich um die Kids gekümmert hat und einen schweren Rucksack für uns getragen hat, hätte ich es sowieso nicht geschafft. Vielen Dank!
Schließlich erreichen wir um 14:20 Uhr das lang ersehnte Ziel! Juhee! Ich bin unglaublich glücklich, es geschafft zu haben und sehr, sehr stolz auf meine 3 Männer.
Für Leon waren es 44000 Schritte. Bei mir etwa 37000 Schritte.
Mit einem völlig überfüllten Bus fahren zurück zum Hotel. Die einzige, die das lustig findet, ist die Busfahrerin. Sie redet fast pausenlos durchs Mikro.
Dann ist duschen und chillen angesagt bis 18 Uhr. Die Kinder dürfen auf dem Handy spielen und haben als Stärkung je eine Packung Pringles gekriegt.
Das Nachtessen in einem der besseren Restaurants, dem Arizona Steak-House in Grand-Canyon-Village haben wir uns redlich verdient. Die 40 minütige Wartezeit, um einen Tisch zu kriegen und die 40 Minuten bis das Essen kommt hat sich definitiv gelohnt. Die Bisonburger und der Crevetten-Cocktail sind einfach köstlich.
Leon ist dabei fast eingeschlafen. Er ist wirklich k.o. Wir fallen alle erledigt ins Bett.












Liebe Wanderer, ich weiss wohl, was sieben Stunden wandern bedeutet. Gratuliere alle für die hervorragende Leistung. Jan beeindruckt mich sehr, wie er alles ausprobiert auf dieser Reise. Ein junger Mann, kein Angsthase. Wenn Leon will, überrascht er immer und immer wieder, was er kann. Ein sympathisches Schlitzohr. Auf ihn kann man sich verlassen, wenn es sein muss aus seiner Sicht. Toby was du alles kannst, ist für mich immer wieder erstaunlich. 500 km fahren, über Stock und Stein, Motorrad fahren kommt für mich nicht in Frage. Meine technischen Fähigkeiten sind bekannt. Ich hätte in meinen besten Jahren eine solche Reise rekognoszieren können aber nicht durchführen. Anja die Königsetappe bleibt trotzdem in guter Erinnerung. Du hast es geschafft. Ich bin der Meinung, dass du nicht richtig atmest. Dein Atemzug wird immer kürzer, so kann das Blut zu wenig Sauerstoff aufnehmen. Es ist nicht gefährlich, aber die Leistung fällt relativ schnell ab und die Erholung kann nur über ausruhen erfolgen. Ich möchte nach euer Rückkehr die Routen auf der Karte nachvollziehen. Ich bin fasziniert von der Natur auf euer Reise. Eine für mich unbekannte Welt. 10 Tage durch die Alpenflora wandern, wie ich es jetzt erlebt habe, verleidet nie, immer wieder Neues in Form und Farbe in der Bewegung mit dem Wind. Ich bleibe in den Alpen und bewundere weiterhin eure Fotos. Herzlichen Dank für alle Informationen und weiterhin viel Spannendes.
Liebe Anja. Herzlichen Dank für deinen Blog. Verstehe ich das richtig, du und Leon sind auch die 1000m in den Canyon runter gewandert??!! Ich war immer der Meinung, dass nur Tobias und Jan so weit runtergehen. Aber Chapeau, was ihr alles leistet! Warscheinlich hast du richtig gehandelt, indem du dich einfach ausgeruht hast. Vielleicht ist die Wanderung auf den Karten einfacher zu sehen, als zu bewandern. Du kannst wirklich stolz sein auf deine 3 Männer, aber auf dich selber auch. Nicht jede Mutter würde diese zum Teil strapatzen in den Ferien so mitmachen wie du, wobei du die ja selber ausgewählt hast. Aber es ist ja bis jetzt alles gut gelaufen. Gute Erholung und heute hoffentlich ein freier Tag. Liebe Grüsse vom Mimami
Es ist bereits alles gesagt!
Einfach großartig, wenn auch z.T. etwas grenzwertig, oder. Liebe Grüße euch allen…
Ja klar, alle haben dieselbe Tour gemacht. Jan und ich wollten zuerst noch 400 m weiter nach unten bis zum Colorado. Es war gestern aber 48 °C ganz unten und die 400 m hätten wir ja auch wieder hochlaufen müssen. Das hätte ca. 2-3h mehr gedauert. Das wollten wir uns dann doch nicht antun. Wären Jan und ich ganz nach unten gelaufen, hätten wir uns zudem trennen müssen. Wie Du gelesen hast, wäre das keine gute Idee gewesen. Deshalb sind wir auf dem Plateau, auf rund 400 m über dem Colorado die knapp 8 km flussabwärts gelaufen. Um dahin zu kommen, ging es vom oberen Rand des Canyons zuerst 1000 Höhenmeter über 7.5 km runter.
Wir waren ja auch so über 9 Stunden unterwegs. Ich habe in dieser Zeit übrigens über 7 Liter Wasser getrunken und war nie auf der Toilette… 😬 Alles rausgeschwitzt. Erstaunlicherweise habe ich heute Morgen keinen Muskelkater noch tut mir sonst was weh (ausser dass wir uns alle den Wolf gelaufen haben, weil die Hosen oft nass waren wegen dem triefend nassen T-Shirt, was aber schön gekühlt hat). Wie es meinen Mitstreitern geht, sehen wir später, die pennen alle noch. Aber gestern Abend ging es allen blendend, ausser dass Leon fast im Stehen eingeschlafen ist… lg
Lieber Tobias. Ihr habt alles richtig gemacht! Ich glaube es ist keine gute Idee, ohne Handyempfang die Familiengruppe zu trennen. Ich bin froh, ist dieser Trip vorbei ist! Was ihr körperlich leistet ist sportliche Höchstleistung. Und was Jan und Leon mitmachen ist auch ausserordentlich. Von Anjas Leistung ist auch unglaublich. Ich hoffe es geht nicht bis zum Abflug so streng weiter!!!! Schöns Tägli und erholed eu guet. Gruss Mimami
Meine Lieben
Was ich da lese ist schwer zu verdauen…ihr seid auf unglaublich schwerer Tour durch Hitze und Strapazen so lange unterwegs gewesen!! Anja, ich habe mit dir gezittert und mir grosse Sorgen gemacht. Du bist ja als Frau nicht so stark wie Toby, aber was deine jungen Buben geleistet haben, lässt sie zu jungen Männern werden…ich bewundere sie und bin so stolz auf sie und euch alle. Ich hoffe, dass ihr erholt zu weniger herausfordernden Touren starten werdet .
Papi ist wieder da, gesund und glücklich, und Marcellino und ich sind es natürlich erst recht. Hier ist es etwa 25 Grad, angenehm kühler. Wir schätzen es sehr. Im Garten gedeiht alles gut. Wir planen ca Mittwoch nach Riva zu fahren. Hier werden Regengüsse angesagt…
Ich sende liebste Grüsse und freue mich jetzt schon auf eure glückliche Heimkehr.
Küssli vom Ömi
ich habe eure Tour natürlich auf Google Maps nachgeflogen. In 3D. Es ist wunderbar detailliert und eindrücklich! Eine Gwaltstour eben. Wir freuenuns schon auf das Fotobuch…!